Die Kunst der Pferdetraining: Positive Verstärkung und operante Konditionierung
2. Februar 2024Die Ausbildung von Pferden ist eine komplexe und subtile Kunst. Es erfordert ein tiefes Verständnis für die mentale und emotionale Verfassung des Pferdes, um effektiv zu sein. Eine Methode, die in der Pferdetraining immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist die positive Verstärkung. Dabei handelt es sich um eine Form des operanten Konditionierens, bei der ein Verhalten durch die Zugabe von etwas Angenehmem verstärkt wird, um dieses Verhalten in Zukunft zu wiederholen.
Die Bedeutung der positiven Verstärkung im Pferdetraining
Dr. Gemma Pearson, eine renommierte Tierärztin und Verhaltensforscherin, betont die Wichtigkeit des operanten Konditionierens im Pferdetraining. Operante Konditionierung ist der Prozess, durch den Pferde lernen, in ihrer Umgebung zu agieren. Dabei spielt die positive Verstärkung eine entscheidende Rolle.
Die positive Verstärkung ist, wie der Name schon sagt, positiv im mathematischen Sinne. Es geht darum, etwas hinzuzufügen, um ein Verhalten zu verstärken, damit es im Laufe der Zeit wiederholt wird. Dies ist die Grundlage des sogenannten „Clicker-Trainings“, bei dem ein Clicker verwendet wird, um ein bestimmtes Verhalten zu markieren und zu belohnen. Aber es muss nicht unbedingt ein Clicker sein.
Die richtige Anwendung der positiven Verstärkung
Wichtig ist, dass ein natürlicher Verstärker verwendet wird, also etwas, das das Pferd von Natur aus genießt. Pferde genießen es nicht unbedingt, gestreichelt zu werden – sie assoziieren es vielleicht mit einer Pause, aber es ist nicht etwas, das für sie von Bedeutung ist. Und sie genießen es auch nicht, gesagt zu bekommen, dass sie gut sind. Wir haben Pferde nicht so gezüchtet, dass sie uns gefallen wollen, wie wir es bei Hunden getan haben.
Daher kann für die positive Verstärkung Nahrung verwendet werden, wir können Kratzer verwenden, wir können das Pferd streicheln. Und wir können das verwenden, um Verhaltensweisen zu trainieren, die wir wollen, sowohl an der Hand als auch unter dem Sattel.
Die andere Seite der Medaille: Negative Verstärkung
Die negative Verstärkung ist das Gegenstück zur positiven Verstärkung im operanten Konditionieren. Dr. Pearson erklärt, dass negativ in diesem Kontext nicht bedeutet, dass es sich um etwas Schlechtes handelt – es sollte eher im mathematischen Sinne verstanden werden. Vielleicht sollte es besser „Entfernungsverstärkung“ genannt werden.
Die Anwendung der negativen Verstärkung im Pferdetraining
Negative oder Entfernungsverstärkung bedeutet die Subtraktion eines Hinweises, wenn das Pferd die richtige Antwort gibt. Wenn man einem jungen Pferd beibringen möchte, vorwärts zu gehen, könnte man einen leichten Beindruck verwenden und sobald das Pferd einen Schritt nach vorne macht, wird der Druck gelöst. Daher lernt das Pferd, dass das Vorwärtsgehen das Verhalten war, das es ausführen musste, um den Druck des Beins wegzunehmen.
Dies gibt dem Pferd Kontrolle über seine Umgebung – es kann in seiner Umgebung agieren, weil es immer weiß, welches Verhalten es ausführen muss, um jeden auf sie ausgeübten Druck wieder zu entfernen.
Die Kommunikation mit dem Pferd durch negative Verstärkung
Die Beine können verwendet werden, um das Pferd zum Vorwärtsgehen zu bringen, die Zügel zum Verlangsamen und Stoppen und die Zügel können auch auf andere Weise verwendet werden, um das Pferd zum Abbiegen zu bringen. Wenn ein Hinweis gegeben wird, wird dieser Hinweis gelöst, sobald das Pferd die richtige Antwort gibt.
Dr. Pearson betont, dass man das Verhalten bekommt, das man verstärkt, nicht das Verhalten, das man will. Manchmal ist es leicht, versehentlich das falsche Verhalten zu verstärken.
Beispiel: Schwierigkeiten beim Entwurmen
Ein gutes Beispiel für die Anwendung der operanten Konditionierung ist ein Pferd, das schwer zu entwurmen ist. Wenn man den Wurmkurapplikator an die Lippen des Pferdes hält und das Pferd seinen Kopf hochwirft, entfernt das den Druck des Applikators von den Lippen des Pferdes, was dieses Verhalten versehentlich verstärkt.
Die Lösung: Operante Konditionierung anwenden
Dr. Pearson schlägt eine einfache Methode zur Verbesserung dieser Situation vor: Man hält den Wurmkurapplikator an die Wange des Pferdes und entfernt ihn, bevor das Pferd den Kopf wegdreht. Mit der Zeit kann man den Applikator dann allmählich näher an die Lippen des Pferdes bringen.
Die Rolle der positiven Verstärkung
Dr. Pearson erklärt: „Jetzt beginnt das Pferd zu denken, ‚Hm, das ist anders. Früher, jedes Mal, wenn mein Besitzer den Wurmkurapplikator an meine Lippen hielt, musste ich meinen Kopf in die Luft werfen, um ihn loszuwerden, jetzt lege ich meinen Kopf nach unten und entspanne mich und der Applikator verschwindet.‘ Und weil sie ihren Kopf still halten und entspannen, können Sie dann leicht den Applikator in ihren Mund einführen und sie sind glücklicher, das zu tun.
Dieses Lernen könnte durch die Verwendung von positiver Verstärkung beschleunigt werden, so dass der Applikator entfernt wird, aber auch ein Click gegeben wird und dem Pferd ein wenig Futter für das stille und entspannte Stehen gegeben wird.
Bestrafung im Pferdetraining
Der letzte Aspekt der operanten Konditionierung ist die Bestrafung, die positiv oder negativ sein kann. Bei der positiven oder zusätzlichen Bestrafung wird etwas hinzugefügt, wie das Schlagen des Pferdes, und bei der negativen Bestrafung wird etwas entfernt, wie das Wegnehmen von Futter.
Die Rolle der Bestrafung im Pferdetraining
Dr. Pearson ist der Meinung, dass es heutzutage eigentlich keinen Bedarf mehr für Bestrafung im Pferdetraining gibt. Wir wissen, dass Pferde nicht von Natur aus schlecht sind, oft haben wir einfach versehentlich die falschen Verhaltensweisen verstärkt oder es gibt einen anderen Beweggrund, wie Schmerzen.
Die Alternative zur Bestrafung: Verstärkung des gewünschten Verhaltens
Statt zu versuchen, das Verhalten, das wir nicht wollen, zu stoppen, was uns auf den Weg der Bestrafung führt, sollten wir darüber nachdenken, das Verhalten, das wir wollen, zu verstärken.
Fazit
Die Ausbildung von Pferden erfordert ein tiefes Verständnis für die psychologischen Prozesse, die das Lernen und Verhalten von Pferden beeinflussen. Die Anwendung der Prinzipien der operanten Konditionierung, insbesondere der positiven und negativen Verstärkung, kann dabei helfen, effektive Trainingsmethoden zu entwickeln, die dem Pferd ermöglichen, in seiner Umgebung zu agieren und zu lernen. Dabei ist es wichtig, das richtige Verhalten zu verstärken und nicht versehentlich das falsche Verhalten zu belohnen. Mit Geduld, Verständnis und der richtigen Anwendung dieser Prinzipien können Pferde effektiv und human trainiert werden.